Freitag, 23. Mai 2014

Rap Review – Ausgabe 3 – Mai 2014 – Lucky Looks, Olli Banjo, Fatoni, Figub Brazlevic

Rap ist, speziell in Deutschland, so facettenreich wie nie. Mehr als 10 neue Alben erwarten uns Monat für Monat - Und das nur über Labels, Free-Releases noch gar nicht gerechnet. Wer zu wenig Zeit oder Geld hat, sich jede LP zu kaufen, kann ab sofort auf mich vertrauen. Zumindest halbwegs. Ich gebe jeder Platte ihre gerechte Chance und eine Bewertung von 1 - 6 Sternen. Heute erwarten euch unter anderem die Platten von Olli Banjo, Lucky Looks, Fatoni und Figub Brazlevic.

Lucky Looks – Endlich Superstar (01.05.2014)


Die jüngsten Staffeln von „The Voice“ und „DSDS“ sind zwar längst vorbei, aber Lucky hat das mit dem „berühmt werden“ wohl auch ganz ohne den Bohlen geschafft. Das Schwabenländle ist ja auch nur die Hollywood-Bühne Deutschlands. Auch wenn er auf das Star-Dasein so gar keine große Lust hat, wie er uns in „Mainstream“ fröhlich erzählt. Mit der Gesangseinlage in der Hook wäre er wohl auch nicht in den Recall gekommen, aber sympathisch gerappt ist das allemal. Ähnlich glückliches Sommerfeeling („Radio im Cabrio“) überträgt sich auch im Folgenden. Kein Wunder, denn in Hollywood bei den VIPs scheint ja bekanntlich auch immer die Sonne. Wenn dann aber doch die Nacht einbricht und auch die Sound-Untermalung düsterer wird, blühen Lucky Looks und Kumpane Enceo erst so richtig zu kleinen Stars auf. Wie authentisch das alles ist, kommt dann „an Tagen wie diesen“ heraus, denn auch bei den ganz Großen wie Lucky gibt’s halt auch mal diese schlechten Tage. Und wenn man die „Endlich Superstar“-EP dann ganz nüchtern betrachtet, dann bleibt vom Mega-Star Lucky Looks eben doch nur der kleine Bub auf dem Schwabenland übrig, der seine Bars mit den 8.000 Facebook-Fans teilen will. Und eigentlich reicht das auch, denn am Boden lebt es sich eh viel schöner. Bleib noch eine Weile da, Lucky. Du bist eh viel zu lieb für all die Botox-Fressen der Big Hollywood!

Bester Track der Platte: Summer is gone feat. Enceo
Wertung: 4 von 6 Sternen 

Olli Banjo – Dynamit (09.05.2014)


Wenn ein Rapper sein Album schon Dynamit nennt, dann sollte man doch auch Bombentracks erwarten. Tighte Flows, harte Bars, alles, was halt zu so einem explosivem Sound dazugehört. Wenn dann allerdings statt dem erwarteten massiv-artigen Massaker ein Xylophon eingespielt wird, irritiert das. Wenn dann ein gelangweilter Olli Banjo einsetzt, der Wie-Vergleiche bringt, die man so alle schon einmal 2004 gehört hat („Solange“), und sich die ernst gemeinte Glaubensfrage an den Papst als der intensivste Track herausstellt, dann ist Dynamit wohl eher eine Silvesterrakete, die nicht richtig hochgehen will. Wenn Olli Banjo es, dank hochgepitchtem Stimmeinsatz schafft, selbst den King of Rap in „Träumer“ in ein fragwürdiges Licht zu rücken, dann wird aus der Silvesterrakete schnell ein Sturm im Wasserglas. Wenn die Beats dann endlich schneller, spannender und härter werden und auf dem Titeltrack endlich auch Dynamit-Feeling ankommt, demontiert sich der Heidelberger Rapper quasi selbst mit seiner locker-lässigen Reggae-Hook. Dann kommt noch Xavier Naidoo und es ist quasi alles verloren („Mein Baum“) - Der Wunsch wird größer, Rapper wären immer noch „still wie Bäume“. Hier verkommt der Sturm im Wasserglas dann auch langsam zum nicht enden wollenden Nichts. Da retten Lichtblicke wie Morlockk Dilemma und die Tracks „Mädchen aus den Slums“ und „Uzi“, die eigentlich stark gerappt sind, eben auch nicht mehr viel, denn sobald ich wieder auf die Lyrics von Banjo achte, weiß ich, wie „Dynamit“ zu bewerten ist: Als eine C4-Stange, welche, kurz bevor die Lunte herunterbrennt, in die Themse geworfen wird.

Bester Track der Platte: Mädchen aus den Slums
Wertung: 2 von 6 Sternen 

Fatoni – Die Zeit heilt alle Hypes (14.05.2014)


Wir haben mittlerweile schon alles im Deutschrap gehabt. Da waren Pandas, ein Boss, die Anfänger, die Maskenmänner und dennoch – Eine Art Mensch findet man einfach nicht. Dicke Hipster. Eigentlich findet man sie auch nicht auf dem Marktplatz der hiesigen Stadt. Vielleicht haben sich alle dicken Hipster der Welt hinter dem Vintage-Cover von Fatoni versteckt, denn unter dem Deckmantel „Die Zeit heitl alle Hypes“ sollte die extrem seltene Gattung Mensch auch eine neue Heimat finden. Wer sich nun fragt: „Fatoni? Ist das nicht der von Edgar Wasser?“ - Korrekt. Aber das mit dem Rappen kriegt er auch ohne den in Interviews wortkargen Edgar gebacken. So trällert, rappt und flowt sich durch die Rap-Geschichte und vernachlässigt dabei natürlich auch nicht die vorherrschende Wetterlage und verpasst auch nicht die Gelegenheit, immer ein Ohr an die Schiene der Geschichte zu legen. Schließlich ist dieses Oldschool ja wieder voll hip. Ist vielleicht aber auch nur ein Hype. Genau wie Fatoni. Aber das ist wenigstens ein Hype, dem man definitiv etwas abgewinnen kann.

Bester Track der Platte: Tränen der Pisse
Bewertung: 4 von 6 Sternen


Figub Brazlevic – Ersatzverkehr (30.05.2014)


Und so sieht man sich wieder, liebe dicken Hipster! Obwohl man euch nie sieht, los wird Deutschrap euch im Mai 2014 wohl doch nicht. Darum finden die Moppelchen auch auf der Remix-Platte von Showdown-Records-Zögling Figub Brazlevic ihren Platz, gemeinsam mit beispielsweise dem ebenso fleißigen Mortis, der einen Track seiner EP für einen Remix hergab. Figub versammelt mehr als 17 Künstler um sich, um seine Platte zu machen und eigentlich ist es da ein Wunder, dass das Ganze noch verhältnismäßig stimmig wirkt. Das liegt primär an den mehr als schön produzierten Beats von Figub, die, ohne die Einzelleistung aller Rapper zu schmälern, auch ein hübsches Gesamtprodukt abgeben.
Nun müssen sich aber alle Rapper mit den Besten messen – Und so können ein Eloquent und ein Man of Boom eben leider nicht das Niveau von Schote, SSIO, Shawn The Savage Kid und Fatoni halten. Die Bandbreite sticht sich einfach selber aus. Wer also Ersatzverkehr kauft, wird auch genau das bekommen – Nicht die stilvoll eingefangene Hauptverkehrsader von New York City im Sonnenuntergang, sondern eher die letzten Rickschas, die in Indien die Heimfahrt antreten auf einer viel befahrenen Straße. Kann definitiv aber auch seinen Charme haben.

Bester Track der Platte: Schote – The Walking Dead
Wertung: 3,5 von 6 Sternen



In stillem Gedenken an...

  


Hollywood Hank.
Wo ist der geisteskranke Sympathieträger eigentlich? Und wo auf der Strecke zwischen RBA-Heads und der Fahrradstrecke nach Frankreich ist er hängengeblieben? Angeblich doch nur im Knast, laut Favorite. Aber wenn er clever ist, kommt er dieses Jahr zurück. Es muss doch noch ein paar Leute geben, die sich Soziopath 2 genauso sehr wie ich wünschen. Spätestens wenn das neue Cro-Album erscheint, brauchen wir einen Antagonisten, einen kleinen Joker zum Batman. Sonst wird das Spiel natürlich auch zu langweilig. Ich hoffe, Holly Hank kann man bald wieder mieten - „wie Rent a Pocher!“




Free and lonely


Döll – Weit entfernt EP


Zu viele Newcomer, zu viele, die nichts anders machen. Und einige, die einen überzeugen. Und dann gibt es noch die Dölls dieses Landes, die keine 20 Sekunden brauchen, um einen Eindruck zu hinterlassen. Komplett eigen, teils battlelastig, aber immer auf smoothen Beats präsentiert sich der kleine Bruder von Mädness auf eine Art, die man von ihm so noch nicht kannte. Die EP „Weit entfernt“ ist komplett kostenlos downloadbar, auch wenn man via amazon ein paar Euro in ein junges Talent investieren kann. Und wer den Track „Für uns“ gehört hat, weiß, dass er dies definitiv tun sollte.

Bester Track der Platte: Für Uns



JuseJu – Übertreib nicht deine Rolle


Alle hassen JuseJu war das Motto einer der lustigsten Promophase der letzten Jahre. Keiner will ein Feature aufnehmen mit dem armen Jungen, dessen Album „Übertreib nicht deine Rolle“ doch eigentlich ein Meilenstein wird. Warum will trotzdem niemand mit ihm arbeiten? Wenigstens Fatoni & Edgar Wasser haben sich dann doch noch erbarmt...Für ein paar Scheine, versteht sich. Aber wie es scheint, kommt JuseJu auch alleine sehr gut klar, das gut gewordene Album spricht absolut für ihn. Aus 11 Anspielstationen macht der Rapper eine Platte, die zum kostenlosen Download bereitsteht und dafür eigentlich viel zu rund wirkt. Also – Nutzt euer Glück! „Übertreib nicht deine Rolle“ ist nämlich mehr als hübsch geworden.

Bester Track der Platte: JuseJu is tight



In stiller Selbstkritik


Alle weiteren Releases kommen in der zweiten Mai-Ausgabe der Rap-Reviews. Nummer 4 wird Anfang Juni erscheinen, sodass Afrob und KC Rebell auch noch ihre Review bekommen.



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