Rap
ist, speziell in Deutschland, so facettenreich wie nie. Mehr als 10
neue Alben erwarten uns Monat für Monat - Und das nur über Labels,
Free-Releases noch gar nicht gerechnet. Wer zu wenig Zeit oder Geld
hat, sich jede LP zu kaufen, kann ab sofort auf mich vertrauen.
Zumindest halbwegs. Ich gebe jeder Platte ihre gerechte Chance und
eine Bewertung von 1 - 6 Sternen. Heute erwarten euch unter anderem
die Platten von Olli Banjo, Lucky Looks, Fatoni und Figub Brazlevic.
Lucky Looks – Endlich Superstar (01.05.2014)
Die
jüngsten Staffeln von „The Voice“ und „DSDS“ sind zwar
längst vorbei, aber Lucky hat das mit dem „berühmt werden“ wohl
auch ganz ohne den Bohlen geschafft. Das Schwabenländle ist ja auch
nur die Hollywood-Bühne Deutschlands. Auch wenn er auf das
Star-Dasein so gar keine große Lust hat, wie er uns in „Mainstream“
fröhlich erzählt. Mit der Gesangseinlage in der Hook wäre er wohl
auch nicht in den Recall gekommen, aber sympathisch gerappt ist das
allemal. Ähnlich glückliches Sommerfeeling („Radio im Cabrio“)
überträgt sich auch im Folgenden. Kein Wunder, denn in Hollywood
bei den VIPs scheint ja bekanntlich auch immer die Sonne. Wenn dann
aber doch die Nacht einbricht und auch die Sound-Untermalung düsterer
wird, blühen Lucky Looks und Kumpane Enceo erst so richtig zu
kleinen Stars auf. Wie authentisch das alles ist, kommt dann „an Tagen wie diesen“ heraus, denn auch bei den ganz Großen wie
Lucky gibt’s halt auch mal diese schlechten Tage. Und wenn man die
„Endlich Superstar“-EP dann ganz nüchtern betrachtet, dann
bleibt vom Mega-Star Lucky Looks eben doch nur der kleine Bub auf dem
Schwabenland übrig, der seine Bars mit den 8.000 Facebook-Fans
teilen will. Und eigentlich reicht das auch, denn am Boden lebt es
sich eh viel schöner. Bleib noch eine Weile da, Lucky. Du bist eh
viel zu lieb für all die Botox-Fressen der Big Hollywood!
Downloadlink: http://endlichsuperstar.de/
Bester
Track der Platte: Summer is gone feat. Enceo
Wertung:
4 von 6 Sternen
Olli Banjo – Dynamit (09.05.2014)
Wenn
ein Rapper sein Album schon Dynamit nennt, dann sollte man doch auch
Bombentracks erwarten. Tighte Flows, harte Bars, alles, was halt zu
so einem explosivem Sound dazugehört. Wenn dann allerdings statt dem
erwarteten massiv-artigen Massaker ein Xylophon eingespielt wird, irritiert
das. Wenn dann ein gelangweilter Olli Banjo einsetzt, der
Wie-Vergleiche bringt, die man so alle schon einmal 2004 gehört hat
(„Solange“), und sich die ernst gemeinte Glaubensfrage an den
Papst als der intensivste Track herausstellt, dann ist Dynamit wohl
eher eine Silvesterrakete, die nicht richtig hochgehen will. Wenn
Olli Banjo es, dank hochgepitchtem Stimmeinsatz schafft, selbst den
King of Rap in „Träumer“ in ein fragwürdiges Licht zu rücken,
dann wird aus der Silvesterrakete schnell ein Sturm im Wasserglas.
Wenn die Beats dann endlich schneller, spannender und härter werden
und auf dem Titeltrack endlich auch Dynamit-Feeling ankommt,
demontiert sich der Heidelberger Rapper quasi selbst mit seiner
locker-lässigen Reggae-Hook. Dann kommt noch Xavier Naidoo und es
ist quasi alles verloren („Mein Baum“) - Der Wunsch wird größer,
Rapper wären immer noch „still wie Bäume“. Hier verkommt der
Sturm im Wasserglas dann auch langsam zum nicht enden wollenden
Nichts. Da retten Lichtblicke wie Morlockk Dilemma und die Tracks
„Mädchen aus den Slums“ und „Uzi“, die eigentlich stark
gerappt sind, eben auch nicht mehr viel, denn sobald ich wieder auf
die Lyrics von Banjo achte, weiß ich, wie „Dynamit“ zu bewerten
ist: Als eine C4-Stange, welche, kurz bevor die Lunte herunterbrennt,
in die Themse geworfen wird.
Bester
Track der Platte: Mädchen aus den Slums
Wertung:
2 von 6 Sternen
Fatoni – Die Zeit heilt alle Hypes (14.05.2014)
Wir
haben mittlerweile schon alles im Deutschrap gehabt. Da waren Pandas,
ein Boss, die Anfänger, die Maskenmänner und dennoch – Eine Art
Mensch findet man einfach nicht. Dicke Hipster. Eigentlich findet man
sie auch nicht auf dem Marktplatz der hiesigen Stadt. Vielleicht
haben sich alle dicken Hipster der Welt hinter dem Vintage-Cover von
Fatoni versteckt, denn unter dem Deckmantel „Die Zeit heitl alle
Hypes“ sollte die extrem seltene Gattung Mensch auch eine neue
Heimat finden. Wer sich nun fragt: „Fatoni? Ist das nicht der von
Edgar Wasser?“ - Korrekt. Aber das mit dem Rappen kriegt er auch
ohne den in Interviews wortkargen Edgar gebacken. So trällert, rappt
und flowt sich durch die Rap-Geschichte und vernachlässigt dabei
natürlich auch nicht die vorherrschende Wetterlage und verpasst auch nicht die Gelegenheit, immer ein Ohr
an die Schiene der Geschichte zu legen. Schließlich ist dieses
Oldschool ja wieder voll hip. Ist vielleicht aber auch nur ein Hype.
Genau wie Fatoni. Aber das ist wenigstens ein Hype, dem man definitiv etwas
abgewinnen kann.
Download: http://goo.gl/paZbA6
Bester
Track der Platte: Tränen der Pisse
Bewertung:
4 von 6 Sternen
Figub Brazlevic – Ersatzverkehr (30.05.2014)
…Und
so sieht man sich wieder, liebe dicken Hipster! Obwohl man euch nie
sieht, los wird Deutschrap euch im Mai 2014 wohl doch nicht. Darum
finden die Moppelchen auch auf der Remix-Platte von Showdown-Records-Zögling
Figub Brazlevic ihren Platz, gemeinsam mit beispielsweise dem ebenso fleißigen Mortis, der einen Track seiner EP für einen Remix hergab.
Figub versammelt mehr als 17 Künstler um sich, um seine Platte zu
machen und eigentlich ist es da ein Wunder, dass das Ganze noch
verhältnismäßig stimmig wirkt. Das liegt primär an den mehr als schön
produzierten Beats von Figub, die, ohne die Einzelleistung aller
Rapper zu schmälern, auch ein hübsches Gesamtprodukt abgeben.
Nun
müssen sich aber alle Rapper mit den Besten messen – Und so können
ein Eloquent und ein Man of Boom eben leider nicht das Niveau von
Schote, SSIO, Shawn The Savage Kid und Fatoni halten. Die Bandbreite
sticht sich einfach selber aus. Wer also Ersatzverkehr kauft, wird
auch genau das bekommen – Nicht die stilvoll eingefangene
Hauptverkehrsader von New York City im Sonnenuntergang, sondern eher
die letzten Rickschas, die in Indien die Heimfahrt antreten auf einer
viel befahrenen Straße. Kann definitiv aber auch seinen Charme haben.
Bester
Track der Platte: Schote – The Walking Dead
Wertung:
3,5 von 6 Sternen
In stillem Gedenken an...
Wo
ist der geisteskranke Sympathieträger eigentlich? Und wo auf der
Strecke zwischen RBA-Heads und der Fahrradstrecke nach Frankreich ist
er hängengeblieben? Angeblich doch nur im Knast, laut Favorite. Aber
wenn er clever ist, kommt er dieses Jahr zurück. Es muss doch noch
ein paar Leute geben, die sich Soziopath 2 genauso sehr wie ich
wünschen. Spätestens wenn das neue Cro-Album erscheint, brauchen
wir einen Antagonisten, einen kleinen Joker zum Batman. Sonst wird das Spiel natürlich auch zu
langweilig. Ich hoffe, Holly Hank kann man bald wieder mieten - „wie
Rent a Pocher!“
Free and lonely
Döll – Weit entfernt EP
Zu
viele Newcomer, zu viele, die nichts anders machen. Und einige, die
einen überzeugen. Und dann gibt es noch die Dölls dieses Landes,
die keine 20 Sekunden brauchen, um einen Eindruck zu hinterlassen.
Komplett eigen, teils battlelastig, aber immer auf smoothen Beats präsentiert sich der kleine Bruder von Mädness auf eine Art,
die man von ihm so noch nicht kannte. Die EP „Weit entfernt“ ist
komplett kostenlos downloadbar, auch wenn man via amazon ein paar
Euro in ein junges Talent investieren kann. Und wer den Track „Für
uns“ gehört hat, weiß, dass er dies definitiv tun sollte.
Download: http://goo.gl/2X5J9C
Bester
Track der Platte: Für Uns
JuseJu – Übertreib nicht deine Rolle
Alle
hassen JuseJu war das Motto einer der lustigsten Promophase der letzten
Jahre. Keiner will ein Feature aufnehmen mit dem armen Jungen, dessen
Album „Übertreib nicht deine Rolle“ doch eigentlich ein
Meilenstein wird. Warum will trotzdem niemand mit ihm arbeiten?
Wenigstens Fatoni & Edgar Wasser haben sich dann doch noch
erbarmt...Für ein paar Scheine, versteht sich. Aber wie es scheint,
kommt JuseJu auch alleine sehr gut klar, das gut gewordene Album
spricht absolut für ihn. Aus 11 Anspielstationen macht der Rapper
eine Platte, die zum kostenlosen Download bereitsteht und dafür
eigentlich viel zu rund wirkt. Also – Nutzt euer Glück! „Übertreib
nicht deine Rolle“ ist nämlich mehr als hübsch geworden.
Download: http://goo.gl/2X5J9C
Bester
Track der Platte: JuseJu is tight
In stiller Selbstkritik
Alle
weiteren Releases kommen in der zweiten Mai-Ausgabe der Rap-Reviews.
Nummer 4 wird Anfang Juni erscheinen, sodass Afrob und KC Rebell auch
noch ihre Review bekommen.
TaCCreative bei Facebook: http://goo.gl/QzRv2P
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