Freitag, 12. September 2014

RAP-REVIEW: Ausgabe 6 - August 2014: Olson, Ahzumjot, Teesy


Rap ist, speziell in Deutschland, so facettenreich wie nie. Mehr als 10 neue Alben erwarten uns Monat für Monat - Und das nur über Labels, Free-Releases noch gar nicht gerechnet. Wer zu wenig Zeit oder Geld hat, sich jede LP zu kaufen, kann ab sofort auf mich vertrauen. Zumindest halbwegs. Ich gebe jeder Platte ihre gerechte Chance und eine Bewertung von 1 - 6 Sternen. Heute erwarten euch unter anderem die Platten von Olson, Ahzumjot und Teesy. 



Ahzumjot – Nix mehr egal (22.08.2014)

Ich weiß noch nicht ganz, was ich von „Nix mehr egal“ halten soll, als die ersten leisen Töne in E-Moll angestimmt werden. Ich habe Monty gehört und fand es weit weniger bewegend als all die Szenekritiker, die in dem jungen Alan Julian Asara-Taiwah den nächsten Großen des Geschäfts sahen. In erster Linie war da ein Kerl, der Bock hatte, Musik zu machen. Den Spaß hatte man genauso gemerkt wie die Unerfahrenheit und so blieb ich recht konsterniert zurück. Nach 4 Minuten „Wann bin ich dran“ weiß ich – Jetzt ist Ahzumjot wirklich nix mehr egal. Wie man Spaß an der Sache mit musikalischer Komplexität koppelt, zeigt das Album wie kein anderes dieses Jahr. Ahzumjot ist nämlich nicht nur „der coolste Motherfxcker“, sondern denkt zwischendurch eben auch über die Lage dieser Menschheit nach. Über eine Elterngeneration, die aus eigener Sicht ein „Schlaraffenland“ aufgebaut hat, welches ihre Kinder mit den Füßen treten. Eine Generation, deren Leben mehr an ein Popcorn-Teenmovie erinnert als an echte „Geschichte“. Eine Generation, die alles so akzeptiert und damit lebt, ohne es ändern zu wollen, weil der Drang nach Veränderung ja auch mit der Arbeit und dem Willen verbunden wäre. Nein, Ahzumjot hat sich keine leichte Aufgabe gesetzt, im Endeffekt das Grunddenken aller Menschen ändern zu wollen. Doch mit „Tag Eins“ ist doch schon mal ein Anfang gesetzt. Und wenn dieses Album nichts an der Einstellung eines Menschen ändern kann, kann das wohl keiner. Denn so leichtfüßig, wie Alan zwischen Gesellschaftskritik, popkulturellen Zitaten und seinem eigenen Lebensweg wechselt, lässt den Gedanken an das thematisch beste Album des Jahres nicht fern wirken. Vor allem beeindruckend – Wie man seine Biografie in „4 Minuten“ einpacken kann, ohne auch nur einen Hauch von Intensität zu verlieren und das musikalisch noch so perfekt zu verpacken. Pardon, wenn ich gezweifelt hab. Doch Ahzumjot ist einer der besten Newcomer, die dieses Land zu bieten hat. Und wenn ich mit dieser Behauptung doch ein wenig über das Ziel hinausschieße - „Sie fragen sich, was hinter dem Horizont wartet – Ich schick ihnen vielleicht mal ne Postkarte!“

Wertung: 5 von 6 Sternen
Bester Track der Platte: Geschichte


Olson – Ballonherz (29.08.2014)


Vom eigens inszenierten Hollywood zum besten Moment des Films, mitten in Paris spielend. Wie man Ende August merken durfte, klingt so der Beginn eines absolut perfekten Albums. Und das trotz aller negativen Vorzeichen. Der kleine Rudeboy aus dem Jahr 2008, der ganz plötzlich seinen Labeldeal beim Major unterschreibt und plötzlich Pop-Schnulzen trällert. Aber mit wie viel Talent, Begeisterung und Detailliebe man das machen kann – Das konnte man auch erst beim fünften Durchgang von „James Dean“ zu Beginn der Promophase erahnen. Ballonherz ist kein Album, welches man einmal hört und weiß, wie unfassbar gut das produziert wirkt. Ballonherz wird von Mal zu Mal stärker. Aus der eigentlich homogen wirkenden Masse von Pop-Balladen, welche die Beatgees für den ehemaligen Rudeboy komponiert haben, hört man vorerst nämlich nur Bekanntes heraus, was ungleich ein wenig jugendlicher in 1er Jordan-Verpackung ankommt anstatt in auf dem Bolzplatz ausgelatschten FILA-Schuhen. Beim zweiten Mal hört man plötzlich das zeternde Echo in der Hook von „Mein kleines Hollywood“ oder „James Dean“, die sanfte, unfassbar angenehme Frauenstimme im Background der „Fernweh I“ -Bridge und und und. Zu viele Kleinigkeiten, Raffinessen und Schnörkel, um sie aufzählen zu können. So ein Niveau hält man nicht bei seinem Major-Debüt über Albumlänge. Das schafft keiner. So klingt der Megafon-Klang auf gleichnamigen Track eher unangenehm als gedankenverloren und die letzten, wunderschön formulierten Zeilen über den Sinn des Titels „Ballonherz“ sind weit weniger monumental eingesetzt, als sie es verlangen. Doch, wenn es dieser Olson ohne Roughness schafft, das Niveau eines Tracks wie „Der Beste Moment“ oder „Niemand > Wir“ bald auch komplett durchzuhalten, wird das nächste Olson-Album nicht weniger als das „Anti-XOXO“ für eine neue Generation.

Wertung: 5 von 6 Sternen
Bester Track der Platte: Paris (Fernweh I)



Teesy – Glückrezepte (29.08.2014)


Es war der 20. September. Vor fast genau einem Jahr, als ein gewisser kanadischer Rapper verkündete, nichts mehr sei wie vorher. Nachträglich werden viele, namhafte Magazine diese Ansage Drakes mit Höchstwertungen und hohen Plätzen in ihren „Alben des Jahres“-Rankings belohnen. Zeitgleich in Deutschland: Ein gewisser Teesy, Newcomer und Chimperator-Signing, bezeichnet im Interview eben jenen Künstler als sein ganz großes Vorbild zur Veröffentlichung von „Fernweh“. Und fast genau ein Jahr nach diesem 20. September steht mit Glücksrezepte das Debütalbum des vielleicht ersten, wirklich guten RnB-HipHoppers Deutschlands in den Startlöchern. So melodisch, harmonisch und ruhig wie kein anderer präsentiert sich Teesy auf seinem ersten Chimp-Langspieler. Das Gefühl dafür, wann es cheesy genug ist, hat der Rapper hierbei aber wohl noch nicht gelernt. So ist ein Track wie „Märchen“ leider viel zu überladen und kitschig, als das es noch wirklich angenehm im Ohr nachklingen könnte. Auch kleine Zwischeneinlagen mit seinen Kollegen, um seine Besessenheit von der Musik nochmal hörbar zu unterstreichen, machen es nicht unbedingt besser. Und dennoch: In Teesy schlummert das größte Talent, dass Rap-Deutschland vielleicht besitzt. Ein Track wie Generation Maybe, in der die Generation kritisiert wird, die nicht einmal mehr in den Tag reinlebt, sondern von Minute zu Minute plant, sprüht nur so vor Coolness und Durchdachtheit. Mit clever gesetztem Echo in der Hook und gelungenem Megaloh-Feature zeigt der Track das ganze Potenzial eines Künstlers, der sich noch nicht so recht gefunden zu haben scheint und dem man nur raten kann, für seine nächste Platte einen roten Faden verfolgen sollte. Dann wird das auch was mit dem deutschen Drake.

Wertung: 3,5 von 6 Sternen
Bester Track der Platte: Generation Maybe feat. Megaloh




Keine zweite Zeile wert


Alpa Gun – Geboren um zu sterben

BK & Pedaz – 100% Macher

Massiv – #M10

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